Löscheinsatz auf der "Flaminia"
(Report in English)
Einsatz innovativer Technik wie Cold Cut System "Cobra", Fognail und Kapselmittel
F-500 auf MSC "Flaminia"
Ohne der endgültigen Untersuchung durch die BSU vorgreifen zu wollen, soll hier anhand eines
kurzen Einsatzberichtes die Wirksamkeit von neuen innovativen Löschmitteln und Löschtechniken
bei der Bekämpfung von Schiffsbränden, insbesondere Bränden innerhalb von Containern,
dargestellt und bewertet werden.
Der Verfasser ist Brandursachenermittler, Brandschutzgutachter und Fachberater für
Schiffsbrandbekämpfung und möchte hiermit ausschließlich darlegen, wie er die Wirksamkeit
der einzelnen Löschsysteme und Löschmittel bei seinem Einsatz auf der "Flaminia" erfahren hat.
Nachfolgend werden die Abwehrmaßnahmen dargestellt und die Einzelmaßnahmen hinsichtlich der
Effektivität und des technischen Aufwandes bewertet.
Der Einsatzbericht beschränkt sich auf den Abschnitt der Brandbekämpfung in Wilhelmshaven.
Maßnahmen der Feuerwehr
Nach der Ankunft der "Flaminia" in Wilhelmshaven übergaben die Spezialkräfte von
SMIT und Falck das Schiff vorerst an die BF Wilhelmshaven. Diese sollte die weitere Überwachung
des Schiffes, insbesondere der Temperaturen in den Brandgrenzen Hold 3 und 7, übernehmen.
In den mit Zellulose und Papier beladenen Containern in Hold 7 kam es wiederholt zum Temperaturanstieg und zur
Ausbildung offener Flammen durch weiterhin aktive Glutbrände. Hierüber wurde in der Presse umfangreich berichtet.
Durch massiven Schwerschaumeinsatz kam es in den Containern zu einer kurzfristigen Abkühlung der Containerwände,
diese Wirkung ließ aber nach dem Schaumzerfall innerhalb kürzester Zeit wieder nach.
Aus diesem Grund entschied sich die Reederei NSB auf Anraten des Havariekommandos und der Fachberater zum
Einsatz von 1 100 Litern F-500 und dem Einsatz von Fognails.
Einsatz von "Cobra", Fognail und F-500
Durch den Einsatz des cold cut Systems Cobra, mit dem weitere Öffnungen in die betroffenen Container unter
Deck gesetzt wurden, konnte die Situation vorerst entschärft werden.
Um die tiefsitzenden Glutbrände dauerhaft und wirkungsvoll zu bekämpfen, wurde das Kapselmittel F-500
über FOGNAILs und die "Cobra" tief in die Brandherde eingebracht. In den ebenfalls partiell noch
"heißen" Oberdeckscontainern wurde mittels Strahlrohren und Fognails F-500 ebenfalls zur
Restbrandbekämpfung eingesetzt. Der Einsatz der Fognails konnte dann - im Gegensatz zur notwendigen manuellen
Bedienung der Cobra vor Ort - auch über längere Zeiträume realisiert werden, ohne Personal in den
sehr belasteten Einsatzumgebungen zu belassen.
Der Entladeprozess des Schiffes stellte eine logistische Meisterleistung des Havariekommandos dar. Spezialisten der
Lloyd Werft brannten die verkeilten Containerfragmente auseinander, um sie an Land zu heben. In Laderaum 7 befanden
sich zu diesem Zeitpunkt immer noch "heiße" Container. Zur Sicherung der Entladearbeiten wurden die
Container vorab mit dem Kapselmittel F-500-Wassergemisch und teilweise mit Schaum beaufschlagt.
Die Restablöschung erfolgte nach dem Öffnen der Container an Land. Nachdem die letzten
"heißen" Container von Bord waren, konnte die FW abrücken.
Fazit:
Der standardmäßige Einsatz von reinem Wasser bzw. Schaum führte bei der Bekämpfung
dieser Brände nicht zum Erfolg.
Insbesondere durch die generell sehr geringe Eindringkraft des Schaumes in den Brandbereich und die
glutbildenden Brandstellen, ist der Einsatz nicht zielführend. Zudem muss die Kühlung permanent
weiter erfolgen, um eine Brandausbreitung einzudämmen. Damit würde aber auch anhaftender Schaum
wieder heruntergewaschen werden. Weiterhin sprechen folgende Fakten prinzipiell gegen den Einsatz von
Schaummitteln bei der Schiffsbrandbekämpfung:
- nur geringe Aufbringmöglichkeit gegen die starke Thermik
- thermischer Zerfall ab 1 000 °C
- geringe Kühlwirkung
- nicht wirksam bei starker Rauchentwicklung
- nur kurzzeitige Wirkung
Der Einsatz von Kapselmitteln wie F-500 ist als hoch löschwirksam einzuschätzen. Die beaufschlagten
Brandstoffe werden gekapselt und stehen dem Brandprozess damit nicht mehr zur Verfügung. Es erfolgt keine -
wie bei Schaummitteln notwendige, aber nicht dauerhafte - Abdeckung, sondern eine gezielte Löschwirkung auch
innerhalb von tiefsitzenden Glutbränden. Insbesondere mit dem Ausbringen über Spezial-Fognails
unterschiedlicher Länge war es möglich, die harten Verkohlungsschichten im Inneren der Container zu
durchdringen und das F-500-Wassergemisch tief in die Glutbrände zu bringen. Des Weiteren erhöht F-500
die Kühlwirkung des eingesetzten Seewassers um ein Vielfaches. Damit war es möglich, die Glutbrände
soweit einzudämmen, dass ein gefahrloses Entladen möglich wurde bzw. die Glutbrände - insbesondere im
Oberdecksbereich - zum Erliegen kamen. Ein weiterer Vorteil ist der Einsatz bei unterschiedlichsten Brandklassen, wie
auch Metall- und Fettbränden, welche unerkannt in Containern ausbrechen können. Ein Highlight des
Kapselmittels F-500 ist die Eigenschaft, über jede mögliche Technik problemlos und
unabhängig von der Umgebung ausgebracht zu werden.
Vor diesem Hintergrund ist - nach Meinung des Verfassers - der Einsatz von Schaummitteln auf Schiffen grundsätzlich
neu zu bewerten und zu überdenken.
Lars Tober
Fachberater Havariekommando FB 4
Managing Director
GSSO
Gesellschaft für Sicherheitstechnik/Schiffssicherheit Ostsee mbH